Influencer

Steuerrechtliche Relevanz

Von Konstantin Weber

Ein relativ neues Geschäftsmodell ist, auf Social-Media-Kanälen Werbung in eigener, vor allem aber auch fremder Sache zu machen. Diese Aktivität ist spätestens dann steuerlich relevant, wenn die Stufe der Unternehmereigenschaft erreicht ist.

Themenbild DATEV magazin Influencer und Steuern: Person tippt am Laptop, dazu Icons, die Social-Media-Kanäle symbolisieren

Auf verschiedenen sozialen Plattformen wie etwa Instagram oder TikTok werden Einnahmen durch Austausch und Teilen von Informationen, Erfahrungen und Meinungen generiert. Diese Plattformen werden von Influencern genutzt, um Produkte oder Dienstleistungen, seien es eigene oder fremde, zu vermarkten. Die steuerlichen Aspekte, mit denen Influencer in Berührung kommen, betreffen vor allem das Ertragsteuerrecht sowie die Umsatzsteuer. Zudem stellen sich auch viele Fragen aus steuerstrafrechtlicher Sicht.

Ertragsteuerliche Differenzierung

Eine der ersten Fragestellungen bei Influencern ist die Unterscheidung zwischen Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) und selbstständiger Arbeit gemäß § 18 EStG. Bei der Differenzierung kommt es darauf an, ob die Tätigkeit gewerblich oder selbstständig ausgeübt wird. Im Einzelfall ist es nicht so einfach, eine klare Abgrenzung vorzunehmen, da die beiden genannten Normen des EStG aufgrund ihrer gemeinsamen Inhalte auf Selbstständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnabsicht und Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr abstellen. Das Bejahen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG führt dazu, dass zusätzlich Gewerbesteuer entsteht. Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG werden oft vorliegen, da § 18 EStG einen Katalogberuf beziehungsweise eine vergleichbare berufliche Qualifikation vorsieht. Die meisten Influencer erfüllen die Kriterien des § 18 EStG aber nicht, da sie bei ihrer Tätigkeit nicht über eine entsprechende berufliche Qualifikation verfügen. Es ist auch schwer vorstellbar, welche spezifische berufliche Qualifikation ein Influencer nachweisen muss, um nach § 18 EStG geschäftsmäßig in Erscheinung zu treten. Deswegen dürfte eine für die Ausübung diese Tätigkeit qualifizierte Ausbildung nach § 18 EStG nur in ganz wenigen Ausnahmefällen vorliegen. Es ist auch sehr wenig Raum für eine künstlerische Tätigkeit im Rahmen des § 18 EStG, bei der nach dem Gesamtbild eine eigene schöpferische Tätigkeit im Vordergrund steht. Entsprechendes gilt auch für eine schriftstellerische Tätigkeit nach § 18 EStG, bei der es um das schriftliche Festhalten individueller Gedanken und deren Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit geht. Auch hier muss ebenfalls der eigenschöpferische Charakter gewahrt werden. Dies ist aber in der Regel nicht der Fall, da der Influencer häufig für einen Auftraggeber tätig wird, der dann genau vorgibt, wie das Produkt zu bewerben ist. Oft ist man daher auf § 15 EStG verwiesen, da Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, die dann zusätzlich der Gewerbesteuer unterliegen.

Fallgruppen nach § 15 EStG

Typische Fallgruppen, die als Gewerbebetrieb nach § 15 EStG qualifiziert werden, sind Affiliate-Links, auch Partner-Links genannt. Dabei erhalten Influencer Provisionen für jeden über ihre Affiliate-Links (hinterlegte Verknüpfungen) generierten Verkauf. Wenn die Follower diesen Link nutzen, um auf die entsprechende Homepage des Werbepartners zu gelangen oder ein entsprechendes Produkt kaufen, erhalten Influencer eine vorher vereinbarte Provision. Die Einnahmen werden durch Empfehlungen von Produkten durch die Influencer erzielt. Auch Einnahmen über YouTube gehören zu den typischen Fallgruppen. Dies ist ein Ertragsmodell, bei dem Einnahmen, zum Beispiel durch Anzeigen in Videos auf der YouTube-Plattform, generiert werden. Das geschieht beispielsweise durch das Schalten von Werbung vor, zwischen oder während der von Influencern zur Verfügung gestellten Inhalte. Auch Einkünfte durch Livestreaming-Aktivitäten sowie durch Sponsoring und Partnerschaften sind Einnahmequellen. Bei Sponsoring und Partnerschaften handelt es sich um Kooperationen von Influencern mit zum Teil etablierten Marken, um Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben. Oft werden Influencern Produkte zur Verfügung gestellt, damit sie ihre Erfahrungen mit den Produkten in den sozialen Medien teilen. Die Berichterstattung über Dienstleistungen und deren Nutzung sind ebenfalls Einnahmen. Ebenso kommen der Verkauf eigener Produkte durch Influencer oder auch eine Beratungstätigkeit, wie zum Beispiel als Lifecoach oder bei Finanztipps, als Einnahmequelle in Betracht.

Betriebseinnahmen

Werbeeinahmen, die durch Umsatzbeteiligungen der Influencer durch hinterlegte Links in den sozialen Medien generiert werden, sind im Regelfall als Betriebseinnahmen zu erfassen. Produkte oder Dienstleistungen, die Influencer bewerben, sind keine Geschenke, sondern stellen Entgelte für die Tätigkeit des Bewerbens dar. Ebenfalls sind die ersparten Aufwendungen für erhaltene Dienstleistungen Entgelte für die Leistungen des Influencer. Wenn Produkte oder Dienstleistungen von Influencern endgültig behalten werden dürfen, sind das Betriebseinnahmen, die mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Wenn Influencer Produkte oder Dienstleistungen für private Zwecke oder betriebsfremd entnehmen, handelt es sich dabei um eine Entnahme nach § 4 Abs.1 Satz 2 EStG. Dies führt dazu, dass diese Entnahme gewinnerhöhend mit dem Teilwert nach § 6 Abs.1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu erfassen ist.

Betriebsausgaben

Problematisch ist bei Betriebsausgaben häufig die präzise Zuordnung der privaten oder betrieblichen Aufwendungen. Oft sind beide Bereiche miteinander verflochten oder gehen ineinander über. Wenn ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab, wie etwa bei Aufwendungen für Ernährung, Kleidung und Gesundheit fehlt, ist eine Aufteilung der Kosten für private und berufliche Aufwendungen nicht möglich, so dass oft das Abzugsverbot nach § 12 Nr.1 EStG gegeben ist.

Rechtsprechung

In diesem Zusammenhang ist noch auf die wenigen finanzgerichtlichen Entscheidungen hinzuweisen. Hatte der Influencer zum Beispiel Aufwendungen für eine Reise, die sowohl betrieblich als auch privat veranlasst waren, und sind diese Aufwendungen anhand objektiver Kriterien aufteilbar, kann der betrieblich veranlasste Teil der Reisekosten nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Köln als Betriebsausgabe berücksichtigt werden (FG Köln, Urteil vom 22.09. 2021, 12 K 1016/19, EFG 2024, 1014-1020). Die Aufwendungen für bürgerliche Kleidung eines Influencers sind aber auch dann nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn sie ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden (FG Niedersachsen, Urteil vom 13.11.2023, 3 K 11195/21). Nur Aufwendungen für typische Berufskleidung, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann, sind als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig. Ein bloßes Influencer-Profil zusammen mit dessen „Followern“ stellt noch kein (selbständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2023, 5 K 2508/22, juris). In diesem Zusammenhang ist noch auf das Schreiben des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 2. Juli 2024 (VI 3010 - S 2240 - 190) hinzuweisen, dessen Ausführungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von digital agierenden Steuerpflichtigen (Influencer) für die Praxis leider eher dürftig ausgefallen sind.

Umsatzsteuerliche Aspekte

Unternehmer nach § 2 Abs.1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig und nachhaltig ausübt. Es gestaltet sich schwierig, den Zeitpunkt der Unternehmereigenschaft festzustellen, wenn es sich dabei nicht um hauptberufliche Influencer handelt. Denn hier ist eine Abgrenzung zwischen Hobbybetrieb, etwa Liebhaberei, sowie Unternehmensbeginn vorzunehmen. Die Bejahung von Liebhaberei aus Sicht der Ertragsteuer führt nicht zwangsläufig zur Verneinung der Unternehmereigenschaft bei der Umsatzsteuer. Die Unternehmereigenschaft ist deshalb gesondert bei der Ertrag- beziehungsweise Umsatzsteuer zu prüfen (FG Münster, Urteil vom 25.03.2021, 5 K 3037/19 U). Es ist wohl davon auszugehen, dass allein der Beginn der Ausstattung sowie das Einrichten eines Accounts in den sozialen Medien für den Beginn der Unternehmereigenschaft beim Influencer noch nicht ausreichen. Werden aber danach die Einnahmen durch die Ausübung der Tätigkeit des Influencers generiert, ist die Unternehmereigenschaft gegeben. Wenn Influencer Produkte für ihre Tätigkeiten erhalten, handelt es sich oft um einen Tausch oder einen tauschähnlichen Umsatz nach § 3 Abs.12 UStG, weil vom Influencer bestimmte Gegenleistungen zu erbringen sind. Da in den meisten Fällen keine unentgeltlichen Zuwendungen vorliegen, handelt es sich dabei aber nicht um Schenkungen. Die Bemessungsgrundlage nach § 10 UStG ist hier der gemeine Wert.

Schätzungen und Steuerstrafrecht

Oft sind, insbesondere in der Anschaffungsphase, die Belege der Influencer unvollständig oder mangelhaft. Da die allgemeinen gesetzlichen Aufzeichnung- und Aufbewahrungspflichten nach den §§ 146, 147 Abgabenordnung (AO) auch für Influencer gelten, führen Rechtsverstöße nach § 158 Abs.2 AO und oft auch die fehlende Mitwirkungspflicht der Influencer nach § 90 AO zu Schätzungen von Besteuerungsgrundlagen und damit zu Schätzungsbescheiden nach § 162 AO. Um negativen Schätzungsbescheiden rechtzeitig aus dem Weg zu gehen, sollten Influencer bereits ab Beginn ihrer Tätigkeit sämtliche tätigkeitsbezogene Belege aufbewahren und dokumentieren, was sie angeschafft haben. Leider ist vielen Influencern die steuerrechtliche Tragweite ihrer Handlungen nicht bewusst. Daher begehen sie Steuerhinterziehung nach § 370 AO unbewusst oder vorsätzlich, etwa durch unrichtige oder unvollständige Angaben nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO oder durch Unterlassen der notwendige Angaben gemäß § 370 Abs.1 Nr. 2 AO. Im Hinblick auf § 370 AO gilt, dass der Influencer erst dann eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung befürchten muss, wenn er die Schwelle zur Unternehmereigenschaft überschritten hat. Zudem ist Vorsatz gefordert, allerdings reicht bereits der sogenannte Eventualvorsatz aus, wonach der Handelnde mit dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs einverstanden ist und ihn billigend in Kauf nimmt (vgl. BGHSt 7, 363,369). Es handelt sich etwa bei Donations per Klick um freiwillige Geldzuwendungen von Zuschauern eines Live-Streams und damit um Vorgänge, die umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind (FG Düsseldorf, Urt. v. 04.03.2022, 1 K 2812/19 U). Ein solcher Vorgang ist ein geschäftlicher Leistungsaustausch, der nicht nur steuerrechtliche, sondern vor allem auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Fazit

Influencer sollten sich auf jeden Fall mit dem Steuerrecht intensiv auseinandersetzen, bevor sie ihre Tätigkeit gewerblich beziehungsweise als Unternehmer ausüben. Dies ist nicht nur vor dem Hintergrund der Konfrontation mit negativen Schätzungsbescheiden, sondern vor allem wegen möglicher Begehung einer Steuerhinterziehung enorm wichtig.

Konstantin Weber

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Inhaber der WEBER | RECHT & STEUERN KANZLEI (www.weberlaw.de) mit Sitz in Karlsruhe und Tätigkeitschwerpunkten im Steuerstrafrecht, Steuerstreitrecht, Umsatzsteuerrecht, Wirtschaftsstrafrecht sowie Haftungsrecht.

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