Folge 6

Trotz Nichtbeanstandung bleibt wenig Zeit für Kassennachrüstung

Die Zeichen standen auf Aufschub – eigentlich: Denn die Finanzverwaltung hatte per BMF-Schreiben Ende 2019 verfügt, dass Unternehmen, die elektronische Kassensysteme einsetzen, nötigenfalls Zeit bis Ende September 2020 haben, um sie mit der obligatorischen Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auszustatten, falls diese nicht früher zur Verfügung steht. Als Folge der Corona-Krise wurde diese Nichtbeanstandungsfrist in vielen Bundesländern sogar auf März 2021 verschoben. Doch das Gefühl gewonnener Zeit ist trügerisch, denn die wenigen zusätzlichen Monate sind rasch verstrichen, viele Unternehmer aber immer noch nicht ausreichend vorbereitet – und das nicht nur auf die TSE.

Er scheint nicht abzureißen zu wollen, der Pflichtenkatalog, mit dem die Finanzverwaltung Mandanten überzieht, die mit Bargeld hantieren und Kassensysteme unterschiedlichster Couleur benutzen. Wie schon 2017 angekündigt, greifen seit vergangenem Jahr weitere Ausbaustufen eines Gesamtregelungswerks, mittels dessen der Gesetzgeber Manipulationen rund um bare Umsätze den Garaus machen will. In Folge des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen aus 2016 gibt es seit dem 01.01.2018 für die Finanzverwaltung die Möglichkeit der unangekündigten Kassen-Nachschau und seit dem 01.01.2020 für Mandanten die Pflicht, ihre Kasse mit einer Technischen Sicherheitseinrichtung auszustatten. Im Sommer 2019 wurde zudem per BMF-Schreiben der Anwendungserlass zur Abgabenordnung angepasst und im November 2019 eine Nichtbeanstandungsregelung auf demselben Weg veranlasst. Corona hat an diesem Pflichtenkatalog nichts verändert, lediglich in den meisten Bundesländern eine Verlängerung der Nichtbeanstandungsfrist für die TSE bewirkt.

Das sind die wichtigsten Pflichten

In dieser regelungswütigen Gemengelage fällt es nicht nur Mandanten schwer, den Überblick über Zeitachsen und jeweils geltendes Recht zu behalten, sondern auch den Steuerberaterinnen und Steuerberatern selbst. Die wichtigsten – derzeit zu beachtenden Aspekte – sind im Wesentlichen die folgenden:

  • die Pflicht zur vollständigen, geordneten und täglichen Einzelaufzeichnung der Kassenumsätze (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, § 146 AO, BMF-Schreiben vom 19. Juni 2018)
  • die Pflicht zur Archivierung der Einzeldaten spätestens seit dem 1.1.2017 und die Zurverfügungstellung der Daten in maschinell auswertbarer Form (GoBD, BMF-Schreiben vom 14.11.2014). Letzteres verpflichtend via Schnittstelle DSFinV-K für die Finanzverwaltung seit dem 1.1.2020 – mit Nichtbeanstandung bis zur Implementierung der TSE (BMF-Schreiben vom 17. Juni 2019 und 6. November 2019)
  • die Pflicht zur Belegausgabe – auf Papier oder mit Kundenzustimmung elektronisch (BMF-Schreiben vom 17. Juni 2019)
  • die Pflicht zur Integration einer Technischen Sicherungseinrichtung (TSE) in das Kassensystem seit dem 01.01.2020 beziehungsweise sobald eine TSE verfügbar und durch Kassenhersteller implementiert wurde (BMF-Schreiben vom 17. Juni 2019). Die Nichtbeanstandung zum 30.9.2020 (BMF-Schreiben vom 6. November 2019) wurde durch einige Bundesländer verlängert, jedoch unter der Maßgabe, dass eine nachweislich verbindliche Bestellung der TSE bzw. Beauftragung zur Aufrüstung bis zum 30.09.2020 vorliegt. Einige Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Niedersachen u.a.) verlangen sogar eine nachweislich verbindliche Bestellung bzw. Beauftragung bis zum 30./31.08.2020 oder eine schriftliche Bestätigung, dass eine Implementierung bis zum 30.09.2020 nicht möglich ist oder eine verbindliche Aussage bis wann das Aufzeichnungssystem mit einer TSE ausgestattet sein wird (spätestens bis zum 31.03.2021) – hier gilt es die jeweilige Landesvorgabe genau zu beachten
  • die Pflicht zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation (im Grundsatz bereits seit 1995 per BMF-Schreiben zu den GoBS)

Die Belegausgabepflicht sorgte zum Jahreswechsel 2019/20 nach Protesten aus verschiedenen Verbänden für erheblichen Medientrubel, wurde aber inzwischen von den meisten Kassenherstellern und -betreibern umgesetzt. Anders sieht dies bei der TSE aus, einem zusätzlichen ins System integrierten Stück Hard- oder Software, das im Wesentlichen alle Änderungen unveränderbar protokolliert und Daten signiert. Hier sorgte Ende 2019 die schiere Kürze der gewährten Entwicklungszeit für einen erzwungenen Stopp.

Aufgeschoben ist keineswegs aufgehoben

Denn nachdem es nicht gelungen war, rechtzeitig einen verbindlichen Rahmen für die Zertifizierung der Systeme zu schaffen, konnten diese in der Folge unmöglich bis zum Jahreswechsel 2019/20 auf den Markt gelangen. Die Finanzverwaltung reagierte mittels einer Nichtbeanstandungsregelung – allerdings wiederum mit einer engen Zeitschiene versehen und ausschließlich auf TSE, Kassenmeldeverpflichtung und den Einsatz der digitalen Schnittstelle bezogen.

So heißt es in dem entsprechenden Schreiben vom 6.11.2019: "Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen."

In Folge der Corona-Krise wurde diese Nichtbeanstandungsfrist in vielen Bundesländern auf März 2021 verlängert. Doch das ändert nichts daran, dass auch weiterhin gilt: Mit Ausnahme von TSE, Meldeverpflichtung und digitaler Schnittstelle mussten alle Anforderungen des umfassenden Schreibens vom 17. Juni 2019 bereits fristgerecht umgesetzt sein: Belegausgabepflicht und Verfahrensdokumentation. Es bleibt also trotz des vermeintlichen Aufschubs, der vor allem den Kassenherstellern nützt, für Berater und Mandanten weiterhin und parallel zu den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen eine Menge in sehr kurzer Zeit zu tun.

Verband schafft Erleichterungen bei der Umsetzung

Insbesondere zum Thema TSE gilt es mit den Kassenherstellern in Kontakt zu treten, denn zum einen sind Cloud-TSE bisher noch nicht zertifiziert und zum anderen sind die einzelnen Regelungen zu einer verbindlichen Bestellung bzw. Beauftragung der Aufrüstung mit der TSE von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Detaillierte Informationen dazu hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks zusammengestellt unter:

https://www.zdh.de/fachbereiche/steuern-und-finanzen/kassenfuehrung/

Immerhin sind einige andere Vorgaben konkreter: So stellte der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungstechnik e.V. (DFKA) Anfang 2019 den Herstellern von Kassensystemen einen Standard für die Kassendaten zur Verfügung, auf den sich die im DFKA zusammengeschlossenen Unternehmen geeinigt hatten. Diese DFKA-Taxonomie-Kassendaten wurde, ausgelöst durch das Corona-Konjunkturpaket, insbesondere die Umsatzsteuersenkung, inzwischen angepasst.

Die Taxonomie basiert auf dem JSON-Format. Zudem können die so standardisierten Daten auf Basis des Beschreibungsstandards der Finanzverwaltung über die DSFinV-K in das entsprechende csv-Format überführt werden. Auf diese Weise leisten Mandanten dann sukzessive ihrer Pflicht Genüge und stellen der Finanzverwaltung alle Bestandteile der geforderten Schnittstelle zur Verfügung.

Ähnlich hilfreich für die Praxis dürfte die Muster-Verfahrensdokumentation sein, die der DFKA ebenfalls im vergangenen Jahr erstellt hat. Denn obwohl die Pflicht, eine solche zu erstellen, im Grundsatz bereits seit 1995 besteht, haben viele Mandanten es bislang unterlassen, ihre Prozesse rund um die Kasse gesetzeskonform zu beschreiben. Selbst derjenige, wohl geringere Teil, der das bereits getan hat, kommt nun nicht umhin, sie an die neuen Abläufe anzupassen. Das Muster, das allen Mandanten dienlich ist, steht unter https://dfka.net/muster-vd-kasse/ als bearbeitbares Word-Dokument kostenlos zum Download zur Verfügung. Auch dieses wurde coronabedingt inzwischen angepasst.

Wie Berater und Mandanten das Muster am sinnvollsten nutzen, wie die ideale Aufgabenverteilung Weitere Informationen zum Thema Kasse erhalten Sie über folgende Wege:

www.datev.de/kasse

www.datev.de/kassenarchiv

kassenarchiv@service.datev.de

Tel. 0800 3283897

*Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff

Sie Verwenden einen veralteten Browser oder den IE11 im Kompatiblitätsmodus. Bitte deaktivieren Sie diesen Modus oder nutzen Sie einen anderen Browser!